Wann darf die Bausparkasse den Bausparvertrag kündigen?
Bausparverträge galten viele Jahre nicht nur als Instrument zur Baufinanzierung, sondern auch als attraktiv verzinste Geldanlage. Die Finanzkrise und die daraus resultierende Niedrigzinsphase brachten die Institute jedoch in Bedrängnis. Alte Verträge mit hoher Verzinsung stellten eine starke Belastung für die Bausparkassen dar. Die Folge waren Vertragskündigungen, die allerdings häufig vor Gericht landeten. Für viele Bausparer stellt sich seitdem die Frage, wann die Bausparkasse einen Vertrag kündigen darf. Eine pauschale Aussage dazu ist nicht möglich, es müssen die jeweiligen Vertragsgegebenheiten berücksichtigt werden.
- Bausparverträge dienen im Ursprung der günstigen Finanzierung, nicht der Geldanlage.
- Kündigungen nach zehn Jahren ab Zuteilungsreife sind rechtens.
- Dient ein Zinsbonus dem Erreichen der Zuteilungsreife, muss fallweise geprüft werden.
- Bausparverträge stellen von Beginn an ein Darlehensverhältnis dar, bei dem es mit Zuteilungsreife zu einem Rollentausch kommt.
Die Rechtsgrundlage eines Bausparvertrags
Bausparverträge waren einst der Deutschen liebstes Kind. Im Jahr 2014 zählten die deutschen Bausparkassen 30 Millionen Verträge.
Grundsätzlich handelt es sich bei einem Bausparvertrag während der gesamten Vertragsdauer um einen Darlehensvertrag. In der Ansparphase liegt die Rolle des Geldgebers beim Bausparer, die Bausparkasse ist der Kreditnehmer. Mit der Zuteilung des Darlehens kommt es zu einem Rollentausch. Der Kunde legt nicht mehr sein Geld als Darlehensgeber im Bausparvertrag an, sondern wird nun selbst zum Darlehensnehmer.
Spart der Bausparer trotz Erreichen der Zuteilungsfrist weiter, entfällt der Darlehensgrund gemäß Paragraf 489, Abs. 1, BGB (1).
Was bedeutet die Zehnjahresfrist?
Im Zusammenhang mit Vertragskündigungen taucht immer wieder die Frist von zehn Jahren auf. Diese Frist zielt auf die Zuteilungsreife eines Bausparvertrags ab. Die Bausparkassen haben das Recht, einen Altvertrag zu kündigen, wenn dieser seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif ist, aber nicht für eine Baufinanzierung genutzt wird (2). Die Bausparkasse kann als Darlehensnehmer von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate.
Der Zweck des Bausparvertrags geht auch verloren, wenn beispielsweise eine Bausparsumme von 60.000 Euro mit einer Ansparquote von 50 Prozent vereinbart wurde. Eine Weiterbesparung, bis hin zu einem Guthaben von 60.000 Euro, steht dem Bauspargedanken des günstigen Baudarlehens ebenfalls entgegen, losgelöst von der Frist von zehn Jahren. Ein Darlehen ist bei einer vollständigen Ansparung logischerweise nicht mehr möglich. In diesem Fall ist die Kündigung auf der Grundlage des Paragraf 488 BGB rechtens (3). Gegenstand eines Bausparvertrags ist der Erhalt eines zinsgünstigen Darlehens, nicht die gutverzinste Geldanlage, so unter anderem das OLG Frankfurt am Main (4).
Sonderfall Bonuszinsen
Es gab durchaus Tarife, die eine Bonusverzinsung in Abhängigkeit von der Laufzeit des Vertrags vorsahen. Verträge, die auf der einen Seite seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif sind, auf der anderen Seite mit einem Zinsbonus ausgestattet sind, können nicht ohne weiteres gekündigt werden.
Entfällt durch die Kündigung der Anspruch auf den Zinsbonus, sollten Bausparer die Kündigung auf ihre rechtliche Wirksamkeit prüfen lassen. Das Landgericht Aachen hat diese Kündigungen für nichtig erklärt (5). Grundlage für die Unwirksamkeit sind die Paragrafen 313 und 314 BGB (6).
Der Kündigungsgrund entfällt allerdings gemäß Paragraf 488, Abs. 3 BGB, wenn die Bonuszinsen notwendig sind, um die Bausparsumme zu erreichen (7).
Quellen und weiterführende Links
(1) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers
(2) Bundesgerichtshof – Bundesgerichtshof bejaht Kündigungsrecht einer Bausparkasse zehn Jahre nach Zuteilungsreife
(3) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag
(4) Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank – Entscheidungen der hessischen Gerichte
(5) ARES Rechtsanwälte – Landgericht Aachen: Kündigung der Aachener Bausparkasse nach §§ 313, 314 BGB unwirksam
(6) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 313 Störung der Geschäftsgrundlage
(7) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag