Auch Bausparverträge können nach der Kündigung widerrufen werden
Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth – Az.: 6 O 7468/14
Das Bausparen ist innerhalb der letzten Jahre Deutschland etwas in den Hintergrund getreten. Längst werden nicht mehr so viele Bausparverträge abgeschlossen wie noch vor einigen Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Junge Menschen finden das Bausparen zunehmend langweilig und spießig. Sie sorgen lieber mit anderen Mitteln für die Zukunft vor bzw. bauen Kapital für den Bau oder Kauf eines Eigenheims auf.
Ein Grund für das Misstrauen vieler Verbraucher gegenüber Bausparverträgen könnte auch sein, dass diese von vielen Vertragsgebern nicht mit einer wirksamen Möglichkeit zum Widerruf versehen werden, wie man sie beispielsweise von gewöhnlichen Ratenkrediten oder von Versicherungsverträgen kennt.
Doch ist es überhaupt zulässig, einen Bausparvertrag ohne die wirksame Möglichkeit eines Widerrufs abzuschließen? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Nürnberg-Fürth auseinanderzusetzen (1). Hier der zugrunde liegende Sachverhalt:
Widerruf muss klar verständlich formuliert werden
Der Kunde einer in Nürnberg ansässigen Bausparkasse widerrief seinen Bausparvertrag und sollte dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung von insgesamt mehr als 22.000 Euro bezahlen. Zunächst zahlt er das Geld, verklagte jedoch später die Bausparkasse auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, da seiner Meinung nach im Vertrag ein wirksames Widerrufsrecht gefehlt habe. Lediglich folgende Formulierung fand sich im Versicherungsvertrag:
„Der Darlehensnehmer ist berechtigt, seine auf den Abschluss des oben bezeichneten Vertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von zwei Wochen, gerechnet ab Eingang des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der Bausparkasse, frühestens mit Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung, ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) zu widerrufen.“
Laut Meinung des Kunden sei es ihm hiermit nicht möglich gewesen, einwandfrei zu ermitteln, wann seine Widerrufsfrist beginnt. Die Richter schlossen sich dieser Meinung an und stellten fest, dass die Formulierung nicht eindeutig sei und somit dem Kunden laut Vertrag keine festgelegte Widerrufsfrist bereitgestanden habe. Somit könne der Kunde seinen Vertrag auch noch Jahre nach dem Abschluss wirksam widerrufen.
Landgericht reflektiert Entscheidungen des BGH
Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Darlehensvertrag bereits vom Kunden gekündigt worden war. Laut Meinung des Gerichts mit Hinweis auf verschiedene Urteile des Bundesgerichtshofs wurde bereits mehrfach klargestellt, dass ein Widerruf auch nach der Kündigung eines Vertrages unter Umständen noch wirksam möglich ist.
Somit hätte es der Bausparkasse nicht zugestanden, von ihrem Kunden eine Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen. Diese Entschädigung in Höhe von mehr als 22.000 Euro müsse sie nun inklusive einer Verzinsung von fünf Prozent über dem jeweils gültigen Basiszinssatz an den ehemaligen Kunden zurückzahlen.
Anhand dieses Urteils lässt sich wieder einmal sehr gut ersehen, wie wichtig es ist, die Formulierungen in Kreditverträgen und Allgemeinen Bedingungen möglichst genau zu prüfen. Oft sind es nur kleine Fehler, die letztendlich große Auswirkungen haben können. Durch einen solchen Fehler hat der in diesem Fall beschriebene Kunde der Bausparkasse mehr als 22.000 Euro gespart.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) openJur.de – Urteil der LG Fürth zum Widerruf eines Bausparvertrages