Berücksichtigung von Kreditzinsen als Werbungskosten
Urteil des Bundesfinanzhofs – Az. VIII R 40/14
Sofern eine vermietete Immobilie verkauft wird und der Verkaufserlös nicht dazu ausreicht, die Hypothek auf das Objekt vollständig abzulösen, können die Zinsen für die Restschuld weiterhin steuerlich geltend gemacht werden.
Das bedeutet konkret: Die Zinsen lassen sich in Form von Werbungskosten vom Einkommen abziehen. Allerdings gibt es dafür strenge Vorgaben. Ein Abzug in Form von Werbungskosten ist nur dann erlaubt, wenn der Verkaufserlös der Immobilie ausschließlich zur Tilgung des Darlehens verwendet wird.
Im Gegenzug bedeutet das: Sämtliche Beträge, die der Verkäufer vom Verkaufserlös der Immobilie abzweigt und anschließend nicht zur Tilgung der Hypothek verwendet, dürfen auch nicht steuerlich geltend gemacht werden. So die bisherige Rechtsauffassung des Bundesfinanzhof.
Keine Regel ohne Ausnahme
So weit, so gut. Allerdings würde es sich hier nicht um die deutsche Rechtsprechung handeln, wenn es nicht Ausnahmen von der Regel gäbe. So hatte beispielsweise der Bundesfinanzhof in einem Verfahren im Jahr 2007 anders entschieden (1). Folgender Sachverhalt lag dem damals verhandelten Fall zu Grunde:
Ein Ehepaar hatte sein Mietshaus mit Verlust verkauft. Die Immobilie war teilweise über eine Kapitallebensversicherung finanziert worden. Allerdings wäre die diesbezügliche Police erst im Jahr 2027 fällig geworden.
Eine vorzeitige Kündigung kam für das Ehepaar jedoch nicht infrage, da in diesem Fall nur ein vergleichsweise geringer Rückkaufswert ausgezahlt worden wäre.
Enorme finanzielle Nachteile müssen nicht hingenommen werden
In diesem besonderen Fall urteilte der BFH, dass das Ehepaar die vollen Zinsen für die Restschuld des Darlehens in Form von Werbungskosten im Rahmen ihrer Steuererklärung abziehen könne. Die finanziellen Nachteile einer vorzeitigen Kündigung der Kapitallebensversicherung seien nicht zumutbar.
In diesem Zusammenhang nahm der Bundesfinanzhof nun erneut Stellung zur Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei der nicht steuerbaren Veräußerung einer Immobilie.
Es wurde festgestellt, dass keine generelle Pflicht zu einer vorzeitigen Verwendung des Rückkaufswertes besteht, wenn zur Anschaffung bzw. Finanzierung des Objektes eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen wurde.
Hätte sich der Versicherungsnehmer dennoch dazu entschlossen, die Lebensversicherung aufzulösen, wäre die Kündigung die wohl schlechteste Alternative gewesen. Im Schnitt bekommen Kunden zwei bis fünf Prozent mehr, wenn sie die Police verkaufen.
Die Begründung des Bundesfinanzhofes im Detail
Im Detail führte der BFH in seiner Stellungnahme aus:
- Durch Vermietung und Verpachtung veranlasste Schuldzinsen können nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie grundsätzlich weiterhin als Werbungskosten abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht komplett getilgt werden können.
- Dies kann sich im Einzelfall auch auf Refinanzierungs- und Umschuldungsdarlehen und die daraus bezahlten Schuldzinsen beziehen.
- Die Abzugsmöglichkeiten in Form von Werbekosten gelten auch dann, wenn das Objekt zuvor im Eigentum eines Ehegatten stand und später gemeinsam aus einem Topf finanziert wird. Auch in diesem Fall können Aufwendungen in Form von Schuldzinsen als Werbungskosten abgezogen werden.
- Es gilt jedoch auch weiterhin: Der Steuerpflichtige muss den Erlös, welchen er aus der Veräußerung einer bislang vermieteten Immobilie generiert hat, stets und in vollem Umfang zur Ablösung eines damit im Zusammenhang stehenden Darlehens verwenden. Es gilt also der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung.
- Zu den Erlösen, die sich aus der Veräußerung einer Immobilie für den Steuerpflichtigen ergeben, zählen grundsätzlich auch vereinnahmte Versicherungssummen aus Kapitallebensversicherungen.
Dies gilt allerdings nur dann, sofern die jeweilige Kapitallebensversicherung in die Finanzierung der Anschaffungskosten der Immobilie mit einbezogen wurde. Sie muss daher ein wesentlicher Teil der Darlehensvereinbarung sein. - Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung ist entsprechend zu differenzieren. Er verpflichtet den Steuerpflichtigen nicht dazu, den Versicherungsvertrag nach Veräußerung der Immobilie zu kündigen, insbesondere dann nicht, wenn die bestehende Versicherung die Rückführung des restlichen Darlehensbetrages entsprechend absichert.
Geändert hat sich durch die Stellungnahme des BFH zur Behandlung von Schuldzinsen nach einer nicht steuerbaren Veräußerung eines Objektes offensichtlich kaum etwas. Die bisherigen Ausführungen wurden lediglich etwas präzisiert, und es wurde seitens des BFH nochmals deutlich gemacht, dass der Versicherte nicht dazu verpflichtet ist, seine Police zu kündigen, falls der Veräußerungsgewinn nicht zur Tilgung der Hypothek ausreicht.
Diesbezüglich vertritt der BFH also eine vernünftige Einstellung und achtet darauf, den Steuerpflichtigen nicht durch eine Verpflichtung zur vorzeitigen Kündigung seiner Versicherung unangemessen zu benachteiligen. In der bisherigen Rechtsprechung ging dies nicht immer eindeutig hervor.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesfinanzhof – Urteil des Bundesfinanzhof zur Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten