Ehepartner haften nicht in jedem Fall für Kreditschulden
Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe – Az. 9 U 199/11
Im vorliegenden Fall geht es um die Haftung oder Mithaftung einer Ehegattin im Falle eines notleidend gewordenen Kredits (1). Das Gericht entschied, dass es sich bei der Frau nicht um einen gleichberechtigten Darlehensnehmer handelt.
Hintergrund sei die krasse finanzielle Überforderung der Gattin. Da die Bank dies ausnutzte bewege sich der Kreditvertrag am Rande der Sittenwidrigkeit.
Das Gericht stellt zudem fest, dass ein Ehepartner grundsätzlich nicht als Darlehensnehmer zu sehen ist, wenn dieser kein bekundetes Interesse an dem Darlehen hat. Allerdings besteht grundsätzlich eine Mithaftung.
Die aber wiederum dann wegen Sittenwidrigkeit ausgeschlossen wird, wenn sich eine überzogene finanzielle Überforderung aus dem Darlehen der Gattin ergibt.
Neuer Kredit für Umschuldung und Freundin auf Philippinen
Die Familie besaß ein Auto, das über einen Kredit finanziert wurde. Die Restschuld des Autokredits wurde mit einem neuen, wesentlich größeren Darlehen getilgt. Der Ehemann, der das neue Darlehen aufgenommen hatte, nahm seine Ehefrau mit zur Bank, wo sie ebenfalls unterschrieb.
Der Kredit sollte einerseits zur Ablösung des ersten Kredites herangezogen werden, die Verwendung des wesentlich größeren Teils wurde nicht genau definiert. Es stellte sich aber heraus, dass der Ehemann damit seine Freundin auf den Philippinen unterstützte.
Zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift sprach die Ehefrau nur sehr wenig Deutsch und verfügte über keine nennenswerten Einkünfte oder Vermögen. Schließlich wurde der Kredit notleidend, d.h. die Kreditraten wurden nicht mehr ordnungsgemäß bezahlt.
Bank verlangt von Gattin die Tilgung der Restschuld
Nachdem der Darlehensvertrag gekündigt wurde, pochte die Bank auf die Rückzahlung der Kreditsumme durch die Ehegattin. Zunächst hatte das zuständige Landgericht in Konstanz die Klage der Bank abgewiesen und begründete dies damit, dass die Ehegattin nicht als Schuldnerin des Darlehensvertrags anzusehen sei.
Vielmehr sei der Kredit durch den Ehegatten aufgenommen worden. Außerdem sei der zur Mithaftung zugrunde liegende Vertrag rechtlich sittenwidrig. Die Bank hatte dagegen Berufung eingelegt.
Gericht unterstützt die Ehefrau, Kreditvertrag sittenwidrig
Das Gericht in Konstanz hatte festgestellt, dass kein gesetzlich bedingter Anspruch auf eine Rückzahlung des Kredits durch die Ehefrau bestehe. Das Urteil wurde durch das Oberlandesgericht in Karlsruhe bestätigt.
Die Begründung des Gerichts: Im Sinne von § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB habe eine Pflicht zur Rückzahlung des Kredits für die Ehegattin nicht bestanden (2). Auch ist der Vertrag, der mit der Ehegattin geschlossen wurde, als sittenwidrig anzusehen. Denn es seien gerade die Umstände zu kritisieren, unter denen dieser zustande gekommen sei.
Besonders die Tatsache, dass die Ehefrau mit sprachlichen Defiziten zu kämpfen habe, untermauere die Sittenwidrigkeit. Somit ist der Vertrag vom Grund her betrachtet im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB als nicht wirksam anzusehen (3).
Das Gericht bekundete auch, dass eine Unterschrift zur Mithaftung der Ehefrau aus reiner emotionaler Verbundenheit der Fall gewesen wäre, denn an dem neuen Darlehen hatte sie kein eigenes Interesse. Gleichzeitig wurde diese Tatsache vom Kreditgeber in einer anstößigen Weise ausgenutzt, was an Sittenwidrigkeit grenze. Demzufolge lag auch keine Mithaftung vor.
Dass der größere Kreditbetrag für die Freundin auf den Philippinen benutzt werden sollte, nahmen die Richter zur Kenntnis. Daher stellte das Gericht fest, dass es sich bei der Gattin um keine gleichberechtigte Darlehensnehmerin handelt.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg – Abgrenzung der Mithaftungsübernahme allein aus emotionaler Verbundenheit
(2) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 488, Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag
(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 138, Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher