Keine überhöhte Gebühr für Sondertilgungsrecht
Urteil des Bundesgerichtshofs – Az. XI ZR 96/15
Dass einem Kreditgeber bei der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens Gewinne durch Zinseinnahmen entgegen, dürfte unbestreitbar sein. Daher versuchen Banken und andere Kapitalgeber, im Falle der vorzeitigen Rückzahlung, diese Verluste durch entsprechende Vorfälligkeitsentschädigungen zu kompensieren.
Nicht jede derartige Regelung ist jedoch auch gesetzeskonform, bei einigen wird der Kreditnehmer unangemessen benachteiligt. Trotzdem versuchen es die Kreditinstitute immer wieder, was sich auch an dem nachfolgend beschriebenen Fall zeigt, der in abschließender Instanz vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde (1).
Gebühr von 4 Prozent für Sondertilgungsrecht
Ein Verbraucher hatte bei seiner ortsansässigen Sparkasse im Jahr 2011 ein sogenanntes Wohnraumförderdarlehen in Höhe von 20.000 Euro aufgenommen. Die Mittel für dieses Darlehen kamen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Im entsprechenden Darlehensvertrag war eine Klausel enthalten, die ein Sondertilgungsrecht für den Kreditnehmer gegen eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 4 % der Darlehenssumme gewährte. Demnach hätte er auch vorzeitig den Kredit ablösen können, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zu bezahlen.
Diese Gebühr, die im hier beschriebenen Fall 800 Euro betrug, behielt die Sparkasse direkt bei Auszahlung des Darlehens ein. Damit erklärte sich der Kreditnehmer jedoch nicht einverstanden und forderte das Kreditinstitut zur Auszahlung des Betrages auf. Als diese sich darauf nicht einlassen wollte, erhob der Kreditnehmer Klage.
Erste Instanzen stützen KfW und Sparkasse
Der Fall wurde zunächst in den ersten beiden Instanzen vor dem Amtsgericht und dem zuständigen Landgericht verhandelt. Beide Gerichte wiesen die Klage des Kreditnehmers auf Zahlung der einbehaltenen Gebühr ab.
Die Gerichte stellten fest, dass die entsprechende Klausel im Kreditvertrag wirksam gewesen sei. Der Verbraucher erklärte sich damit nicht einverstanden und legte jeweils gegen die Urteile Revision ein.
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BGH kippt Urteile, da Verbraucher benachteiligt werden
In abschließender Instanz wurde der Fall dann vor dem Bundesgerichtshof verhandelt. Hier hob man die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und entschied zu Gunsten des Verbrauchers.
Der BGH stellte fest: Die beanstandete Klausel stellt ein Entgelt für ein Sonderkündigungsrecht dar, das dem Verbraucher unter Verzicht auf eine Vorfälligkeitsentschädigung eingeräumt wird. Damit verstoße die Klausel gegen § 502 BGB, da die Regelung nach § 511 zum Nachteil des Verbrauchers abweicht (2)(3).
Hintergrund: Gemäß § 502 BGB darf eine Vorfälligkeitsentschädigung maximal ein Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrages ausmachen. Auch darüber hatte der Bundesgerichtshof bereits geurteilt.
Im hier vorliegenden Fall sei jedoch die nach der beanstandeten Klausel zu zahlende Bearbeitungsgebühr in Höhe von vier Prozent deutlich höher als die maximal zulässige Vorfälligkeitsentschädigung, wodurch der Verbraucher unangemessen benachteiligt werden.
An diesem Urteil lässt sich wieder einmal sehr anschaulich ersehen, wie wichtig es ist, Finanzverträge – insbesondere im Bereich Kredite – genau auf alle Details zu prüfen bzw. von einem Experten prüfen zu lassen. Oftmals werden zu beanstandende Klauseln einfach unter anderem Namen neu verpackt, so dass der Verbraucher auf den ersten Blick nicht merkt, was er hier unterschrieben hat.
Werden solche Praktiken festgestellt, verspricht der Weg über das Gericht gute Erfolgsaussichten. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Gerichte hierbei oftmals zu Gunsten der Verbraucher entscheiden und die Kreditinstitute und Kreditvermittler ihre Verträge im Anschluss entsprechend ändern müssen.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesgerichtshof – Urteil des BGH zeigt, teures Sondertilgungsrecht kann Vorfälligkeitsentschädigung nicht ersetzen
(2) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 502 Vorfälligkeitsentschädigung
(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 511 Beratungsleistungen bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen