Ein Kreditvertrag ist nicht sittenwidrig, wenn keine krasse wirtschaftliche Überforderung des Kreditnehmers vorliegt
Urteil des Landgericht Coburg – Az. 11 O 470/05
Mit der Aufnahme von Krediten haben sich nicht wenige Verbraucher bereits finanziell ruiniert. Irgendwann übersteigen die Rückzahlungsraten die Möglichkeiten des Kreditnehmers und die Überschuldungsspirale setzt sich in Gang. Es ist dann nur schwer möglich, diese wieder aufzuhalten und aus den Schulden herauszukommen.
Besonders brisant wird es, wenn unter Familienangehörigen Geld verliehen wird oder einer für den anderen bürgt. Wer hierfür sein eigenes Heim zur Absicherung heranzieht, muss damit rechnen, dieses zu verlieren, wenn der Kreditnehmer in finanzielle Probleme kommt und die Raten nicht mehr zurückzahlen kann.
Daher gilt generell: Auch bei Bürgschaften oder Kreditvergaben im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis sollte streng wirtschaftlich und so nüchtern wie möglich vorgegangen werden. Wie krass sich das Ganze letztendlich auswirken kann, hat ein vor dem Landgericht Coburg verhandelter Fall gezeigt (1). Folgender Sachverhalt lag dem Verfahren zugrunde:
Mutter beleiht eigene Immobilie und gibt Sohn Geld zur Firmenrettung
Eine Mutter lieh ihrem Sohn, der in Besitz einer maroden Baufirma war, einen Betrag von 100.000 Euro, den sie selbst bei der Sparkasse in Form eines Darlehens aufnahm. Um den Kredit abzusichern, belastete sie ihre Immobilie entsprechend.
In diesem Zusammenhang wurde eine notarielle Urkunde ausgefertigt, in welcher die sofortige Zwangsvollstreckung der Immobilie vorgesehen war, falls der Kredit nicht wie vereinbart zurückgezahlt werden kann. Nach Aufnahme des Kredites übergab die Dame das Geld ihrem Sohn, der damit versuchte, seine Firma zu sanieren. Allerdings gelang ihm dies nicht.
Es kam schließlich, wie es kommen musste: Der Sohn der Kreditnehmerin war schon nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage, die Raten für das Darlehen an die Bank der Mutter zurückzuzahlen. Auch diese selbst konnte die Raten nicht bedienen, da sie lediglich eine geringe Rente bezog. Die Bank kündigte im Anschluss den Kreditvertrag und leitete die Zwangsvollstreckung der Immobilie der Kreditnehmerin ein.
War der Kreditvertrag sittenwidrig?
Diese strengte im weiteren Verlauf eine Zwangsvollstreckungsabwehrklage an und beschuldigte die Bank, einen sittenwidrigen Kreditvertrag mit ihr abgeschlossen zu haben. Das Kreditinstitut hätte ihrer Meinung nach wissen müssen, dass ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht dazu geeignet seien, die Tilgung des Darlehens wie vorgesehen vorzunehmen.
Die Dame hatte allerdings mit ihrer Klage keinen Erfolg, sie wurde von den Richtern abgewiesen. In nächster Instanz ging der Fall nun vor das Oberlandesgericht Bamberg, doch auch hier wiesen die Richter die Klage ab (2). Sie stellten fest, dass es in diesem Fall an einer krassen wirtschaftlichen Überforderung fehle, die als Voraussetzung für eine Sittenwidrigkeit festgesetzt ist.
Diese wirtschaftliche Überforderung läge nur dann vor, wenn die Bank ihren Kunden wissentlich in eine ausweglose Schuldenfalle getrieben hätte. Davon könne aber hier keine Rede sein, da der Kredit durch die Immobilie mit einem ausreichenden Gegenwert abgesichert worden wäre.
Auch den anschließenden Einwand der Klägerin, dass die Bank von vornherein gewusst hätte, dass sie das Geld ihrem Sohn zur Sanierung der maroden Firma überlassen soll, ließen die Richter nicht gelten. Dieses Vorhaben läge in ihren eigenen Risikobereich und könne daher nicht als entlastendes Indiz in dem hier vorliegenden Fall berücksichtigt werden.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Juron – Urteil des LG Coburg zur Sittenwidrigkeit bei krasser wirtschaftlicher Überforderung der Kreditnehmerin
(2) Juron – Beschluss des OLG Bamberg zur Berufung gegen das Urteil des LG Coburg