Kurzzeitvermietung von Eigentumswohnung zulässig
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Wohnungseigentümer auch gegen den Willen der Eigentümergemeinschaft sein Sondereigentum tageweise vermieten darf (Urteil vom 12. April 2019 – V ZR 112/18) (1).
- Kurzzeitvermietung laut BGH zulässig.
- Änderungen der Teilungserklärung, die das echte Eigentum (Sondereigentum) betreffen, bedürfen der Zustimmung aller Eigentümer.
- Unterlassung der Kurzzeitvermietung nur bei objektiver Störung der Nachbarschaft durch hohe Fluktuation erlaubt.
- Verbot der Kurzzeitvermietung würde auch künftige Rechte anderer, aktueller Eigennutzer einschränken.
Vermietungsverbote bei Eigentumswohnungen
Das Thema Immobilien ist im Frühjahr 2019 allgegenwärtig. Kaum ein Thema beherrscht die anstehenden Wahlen im Herbst so sehr, wie Wohnraummangel, der Vorschlag zur Enteignung von Immobilienkonzernen oder der Ruf nach Mietpreisstopps.
In dieses Szenario passt das Urteil des BGH zwar nicht ganz hinein, da es um tage- oder wochenweise Vermietung von Wohnraum geht. Auf er anderen Seite stärkt es Vermietern zunächst einmal den Rücken in Bezug auf das Verfahrensrecht mit ihrem Wohneigentum.
Der Sachverhalt
Eine Wohnungseigentümerin in einer Achtparteienanlage vermietete ihre Wohnung nicht an einen dauerhaften Mieter, sondern tageweise an Touristen. Die übrigen sieben Wohneigentümer fühlten sich durch den häufigen Mieterwechsel gestört.
Der BGH hatte zu klären, ob ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung auf der Grundlage der sogenannten Öffnungsklausel die Nutzung des Sondereigentums durch den einzelnen Eigentümer regulieren kann. Die Öffnungsklausel sieht vor, dass die Teilungserklärung einer Eigentümergemeinschaft mit einer Mehrheit von75 Prozent in ihren wesentlichen Teilen geändert werden kann.
Mit einer Mehrheit von sieben zu eins beschloss die Eigentümerversammlung der betreffenden Wohnanlage im März 2017, dass eine Überlassung des Sondereigentums für
- täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste
- vor Ort befristet Tätige
- andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer
- eine Nutzung als Werkswohnung
nicht mehr zulässig ist.
Die Wohnungseigentümerin hatte gegen diesen Beschluss geklagt.
Der Prozessverlauf
Zunächst einmal stellte das Amtsgericht unter Hinweis auf § 46 Abs. 1 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) (2) die Nichtigkeit des Beschlusses fest. Die Berufung der restlichen Eigentümer scheiterte ebenfalls. Es folgte der Versuch, mit der vom Landgericht erlaubten Revision die Abweisung der Klage zu erreichen.
Die Urteilsbegründung des BGH
Der Fall wurde vom V. Zivilsenat des BGH verhandelt. Der BGH kam zu dem Schluss, dass die Abweisung der Klage rechtswidrig war, weil die Klägerin der Änderung der Teilungserklärung nicht zugestimmt hatte.
Folgende Argumente führte der BGH an. Bis zum März 2017 war die von der Klägerin praktizierte Form der Vermietung gemäß Teilungserklärung zulässig. Auch wenn die Öffnungserklärung Änderungen der Teilungserklärung mit entsprechender Mehrheit zulässt, müssen dabei fundamentale Rechtsansprüche der Eigentümer berücksichtigt werden.
Zu diesen Rechtsansprüchen zählt auch die individuelle Zweckbestimmung des Wohnraums und übriger Anteile am Sondereigentum. Da Änderungen in der Zweckbestimmung des Sondereigentums auch Einfluss auf den Wert der Wohnung haben, ist eine Zustimmung des betroffenen Eigentümers zur Änderung zwingend erforderlich. Sondereigentum stellt eine Form des “echten Eigentums“ im Sinne von Paragraf 903 BGB (3) und Artikel 14 Grundgesetz (GG) (4) dar.
Eine Änderung der Zweckbestimmung in Bezug auf die Vermietung schränke, so der BGH, auch die Eigentümer ein, die aktuell ihre Wohnungen selbst nutzen, diese aber zu einem spätere Zeitpunkt nicht selbstbestimmt vermieten könnten.
Gerade für Wohnanlagen mit einer deutlich höheren Anzahl an Miteigentümern dürfte jedoch eine Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung unmöglich sein. Nichts desto trotz räumt der BGH Eigentümern die Möglichkeit ein, bei objektiv aus der Kurzzeitvermietung heraus resultierenden Nachteilen dagegen vorzugehen. Dazu zählen beispielsweise überdurchschnittliche Verschmutzung oder Lärmbelästigung durch kontinuierlichen Mieterwechsel.
Quellen und weiterführende Links
(1) Bundesgerichtshof – Verbot der kurzzeitigen Vermietung von Eigentumswohnungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich
(2) Wohnungseigentumsgesetz – § 46 Anfechtungsklage
(3) Bürgerliches Gesetzbuch – § 903 Befugnisse des Eigentümers
(4) Grundgesetz – Art. 14