„Möglicher Mietausfall“ eines Mieters kein Kündigungsgrund
Urteil des Bundesgerichtshofs – Az. VIII ZR 105/17
Nach dem Tod seiner Freundin, der Hauptmieterin, wollte ein Auszubildender als Hauptmieter den Mietvertrag übernehmen. Der Vermieter kündigte jedoch das unbefristete Mietverhältnis mit dem Hinweis, dass er die ordnungsgemäße Zahlung der Miete bezweifle.
Der Sachverhalt im Detail
Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin erklärte der Kläger, der Lebensgefährte, dass er in den laufenden Mietvertrag einer Drei-Zimmer-Wohnung einsteigen würde. Die Kaltmiete belief sich auf 545 Euro monatlich zuzüglich 170 Euro Nebenkosten. Der Vermieter kündigte den Vertrag jedoch unter Berufung auf Paragraf 563, Absatz 4, BGB mit Verweis aus einen gewichtigen Grund (1).
Er begründete dies damit, dass der Kläger nicht in der Lage sei, langfristig die Miete aus seiner Ausbildungsvergütung zu bestreiten. Darüber hinaus lehnte er das Gesuch des Mieters auf eine Untervermietung ab und klagte auf Herausgabe der Wohnung.
Das Amtsgericht Nürtingen lehnte mit Urteil vom 31. Mai 2016 – 44 C 2148/15 die Klage ab und gab der Gegenklage des Vermieters auf Herausgabe der Mietsache Recht.
In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 30. März 2017 – 5 S 195/16 gaben die Richter dem beklagten Vermieter ebenfalls Recht, weil auch sie nicht nachvollziehen wollten, wie der Mieter die Miete aufbringen wolle. Das Landgericht Stuttgart ließ jedoch die Revision zu, so dass der Fall vor dem VIII. Senat, des Bundesgerichtshofes (BGH) verhandelt wurde, der für Mietrecht zuständig ist.
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BGH sah mangelhafte Prozessführung
Der BGH räumte in seiner Urteilsbegründung zwar ein, dass eine noch laufende Ausbildung durchaus das Risiko berge, dass der Mieter nach Ende der Ausbildung nicht übernommen werde oder die Prüfung nicht bestehe. Darauf abzustellen würde aber auch bedeuten, dass kein Arbeitnehmer mehr eine Wohnung mieten könne, da das Restrisiko des Verlustes des Arbeitsplatzes nie auszuschließen sei.
Hauptgrund für die Bewertung des Sachverhaltes war jedoch die Prozessführung der Vorinstanzen. Zu keinem Zeitpunkt hatte ein Gericht geprüft, wie es um den finanziellen Hintergrund des Klägers bestellt war. Weder kam die Frage nach Eigenmitteln auf, noch ob eine mögliche staatliche Unterstützung bestände.
Die Richter des Amtsgerichtes und des Landgerichtes hatten auch nicht berücksichtigt, dass der Mieter bis dahin keinerlei Mietschuld offen hatte. Dem Umstand, dass das Risiko des Mietausfalls durch eine Untervermietung entgegengewirkt werden sollte, trugen die Richter in Nürtingen und Stuttgart ebenfalls keine Rechnung.
Alles in allem, so der BGH, beruhten die Urteile der Vorinstanzen ausschließlich auf Vermutungen und in keiner Weise auf belastbaren, überprüften Sachverhalten. Der Wunsch des Mieters auf Untervermietung standen in absoluter Übereinstimmung mit Paragraf 553 Abs. 1 BGB (2).
Der logische Schluss: Alle bisherigen Urteile wurden als nichtig befunden. Der VIII. Senat des BGH verwies den Fall an eine andere Kammer der Vorinstanz zurück.
Quellen und weiterführende Links
(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 563 Eintrittsrecht bei Tod des Mieters
(2) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 553 Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte