Schönheitsreparaturen durch Mieter – Änderung der Rechtsprechung
Urteile des Bundesgerichtshofs – Az. VIII ZR 185/14; VIII ZR 242 /13; VIII ZR 21/13; Az. VIII ZR 277/16
Der Bundesgerichtshof hat ein maßgebliches Urteil in Sachen Schönheitsreparaturen durch Mieter gesprochen, und dabei die gesamte Rechtsprechung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen aus den Angeln gehoben.
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten war das Thema Schönheitsreparaturen immer wieder zum großen Streitthema zwischen Vermietern und Mietern geworden. Häufig landeten die Streitigkeiten vor Gericht, wo es mitunter zu sehr unterschiedlichen Entscheidungen kam.
Nun hat der BGH Klarheit geschaffen zu den Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen von Wohnungen, die den Mietern unrenoviert übergeben worden waren. Der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in gleich drei Entscheidungen eine Änderung der Rechtsprechung für dieses Thema vorgenommen.
Unwirksame formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln
Zieht ein Mieter in eine unrenovierte Wohnung ein, galt bisher eine andere Rechtsprechung des BGH, gemäß Rechtsentscheid des BGH vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 9/86 (1). Bereits durch den Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2014 mti Az. VIII ZR 352/12 (2) war absehbar, dass das oberste deutsche Gericht mit seiner Rechtsprechung nun in eine neue Richtung tendieren würde.
Der BGH hat in den Urteilen vom 18. März 2015 neue klare Fakten geschaffen, wenn es um die formularmäßigen Renovierungs- und Quotenabgeltungsklauseln bei der Übernahme einer vorher nicht renovierten Wohnung geht (3).
Die Quotenabgeltungsklausel war eine Formulierung im Standard-Mietvertrag, wonach der Mieter beim Auszug dem Vermieter eine gewisse Entschädigung für nicht erbrachte Renovierungsarbeiten zu leisten hat.
Hintergrund war die Überlegung, dass der Mieter die Wohnung eine Weile bewohnte und quasi auch abwohnte. Beim Auszug war der Zustand zwar noch in Ordnung, aber bald würden Renovierung fällig, die ihren Grund auch in der Nutzung des bisherigen Mieters haben.
Diese Klauseln erklärte der BGH für unzulässig, denn der Mieter könne nicht von vornherein abschätzen, was an Kosten auf ihn zukommen würde.
Ende der Instandhaltungspflicht der Mieter
Mieter waren bislang zur Instandhaltung der von ihnen bewohnten Wohnung verpflichtet, ganz egal, ob sie die Wohnung zu ihrem Einzug renoviert oder nicht renoviert übernommen hatten. Mitunter war dies eine sehr teure Sache für die Mieter, da sie eine Instandhaltungspflicht innehatten, selbst bei einem Auszug bereits nach kurzer Zeit.
Der neue Rechtsentscheid des BGH hat dies jedoch gekippt und die formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei unrenoviert übergebenen Wohnungen für unwirksam erklärt.
Anteilige Renovierungskosten sind Geschichte
Mit der neuen Rechtsprechung durch den VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sind damit zugleich anteilig berechnete Kosten für die Renovierung unrenoviert bezogener Wohnungen durch formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln unwirksam.
Für Millionen von Mietern in Deutschland ist dies eine gute, und das Haushaltsbudget entlastende Nachricht.
Gerade dieser Punkt war es immer wieder, bei dem es zu Unstimmigkeiten zwischen Mietern und Vermietern gekommen war. Zahlreiche Vermieter wälzten hohe Instandhaltungs- und Renovierungskosten auf ihre Mieter um, obwohl diese die jeweilige Wohnung zum Teil nur kurze Zeit bewohnten.
Schnell kamen dabei mehrere tausend Euro zusammen, welche die Mieter dann bei Auszug zu zahlen hatten. Obwohl die Wohnung ursprünglich in einem unrenovierten Zustand übernommen worden war.
In der die Urteile vom 18. März 2015 begleitenden Presseerklärung des Bundesgerichtshofs heißt es dazu (4):
„Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr […] seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können“.
Und weiter erklärt der Bundesgerichtshof:
„Auch an seiner weiteren (früheren) Rechtsprechung zur Wirksamkeit formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln (dazu grundlegend BGH, Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 84 ff.; Urteil vom 26. September 2007 – VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 20) hält der Senat nach den heutigen Entscheidungen nicht mehr fest.“
Der BGH hat damit klar die eigene bisherige Rechtsprechung gekippt und sich auf einen neuen Weg begeben, durch den Mieter mehr Rechte erhalten, wenn sie eine unrenovierte Wohnung mieten.
Wer grundsätzlich Ärgernis-Potential mit dem Vermieter scheut und gleichzeitig seine Altersvorsorge im Blick hat, sollte über den Bau oder den Kauf der eigenen vier Wände nachdenken. Die Zinsen sind auf einem historisch tiefen Niveau. Unser Vergleich gibt Ihnen einen aktuellen Marktüberblick:
Nur für die Vertragszeit anfallende Renovierungsleistungen
Der Mieter darf nicht formularmäßig mit der Beseitigung von Spuren des Gebrauchs in der von ihm bewohnten Wohnung belastet werden, welche in einem Zeitraum der Abnutzung vor Beginn des Mietverhältnisses entstanden sind.
Somit darf ein Mieter nur zu den Renovierungsleistungen verpflichtet werden, welche in die eigene Vertragszeit des Mietverhältnisses entfallen.
Damit bestätigt der Bundesgerichtshof zugleich die in diesem Bereich bereits erfolgte Rechtsprechung bezüglich der Renovierungspflichten von Mietern.
Die nun getroffene Veränderung der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen ergänzt diesen Bereich maßgeblich.
Keine Abwälzung der Kosten mehr möglich
Gerade in Ballungsräumen werden Wohnungen gerne unrenoviert weitervermietet, da hier die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot an freien Wohnungen übersteigt. Viele Vermieter hatten es sich zur gängigen Praxis gemacht, ihre Wohnungen in nicht renoviertem Zustand an neue Mieter weiterzugeben, die Kosten für die Renovierung und Instandhaltung jedoch an diese weiter zu geben.
Diesen Vermietern und ihrem Verhalten hat der BGH nun mit seiner neuen Rechtsprechung den Riegel vorgeschoben und ihre Vorgehensweise gestoppt. Die Mieter solcher Wohnungen erhalten damit mehr Rechte als bisher und werden künftig nicht mehr zur Melkkuh gemacht, welchen bei ihrem Auszug teure Kosten aufgrund formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln aufgedrückt werden.
Entsprechende Klauseln in Mietverträgen sollten deshalb vorher gestrichen, oder Mietverhältnisses gar nicht mehr eingegangen werden, selbst wenn die Rechtslage nun entsprechend klar ist.
Kostenabwälzung auch nach Mieter-Zustimmung unzulässig
Mit seinem Urteil vom 22.08.2018 (Az. VIII ZR 277/16) hat der Bundesgerichtshof Klauseln für unwirksam erklärt, denen zufolge ein Nachmieter die Renovierung einer Wohnung übernehmen muss, auch wenn er dies mit dem Vormieter vereinbart hat. Die Übertragung von Schönheitsreparaturen vom Vormieter auf den Nachmieter ist rechtlich nicht haltbar. Das Gleiche gilt für Renovierungsarbeiten, sofern die Mietwohnung unrenoviert übergeben wurde.
Der Fall:
Ein Mieter hatte vom Vormieter den Teppichboden und die Küche für 390 Euro übernommen und sich im Gegenzug verpflichtet, bei Auszug mögliche Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Der Mieter hielt sich auch daran, allerdings war der Vermieterin die Farbe zu streifig. Sie beauftragte für 800 Euro einen Maler und wollte diese Kosten auf den Mieter umlegen.
Da der Mieter die Wohnung selbst in unrenoviertem Zustand übernommen hatte, dürfe er, so die Karlsruher Richter, nicht so gestellt werden, als müsse er die Wohnung bei Auszug in renoviertem Zustand übergeben.
Bei Streitigkeiten mit den Vermietern
Die neue Rechtsprechung des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist deutlich. Doch nicht jeder Vermieter wird sich daran halten, sei es aus Unkenntnis oder aus Kalkül. Betroffene Mieter sollten sich jedoch nicht darauf einlassen und schon gar keine Zahlungen übernehmen, welche sie nicht zu leisten haben.
Besser sie wenden sich entweder an einen der Mieterverbände, an eine der Verbraucherzentralen in Deutschland oder sie schalten direkt einen Fachanwalt für diesen Bereich ein.
Die alte Gangart zahlreicher Vermieter ist damit Geschichte. Selbst wenn diese damit drohen, die Kaution der Mieter einzubehalten, sollten sich Mieter nicht davon einschüchtern lassen oder dies einfach hinnehmen.
Die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat klare Worte gefunden, ganz egal, wie Vermieter die bisherige Lage für sich auslegen und verwenden mögen.
Steigende Mieten nach den neuen BGH-Urteilen zu erwarten?
Durch die Umlegung der Renovierungskosten auf die Mieter war es Vermietern in Deutschland bislang möglich, diese nicht selbst tragen und Schönheitsreparaturen damit nicht selbst aus eigener Tasche vornehmen zu müssen.
Durch die neuen Urteile des Bundesgerichtshofs hat sich die Lage für Vermieter drastisch geändert. Nun stellt sich natürlich die Frage, wie sie die Kosten für solche Instandhaltungen bei jeweils unrenoviert übergebenen Wohnungen in Zukunft wieder hereinbekommen wollen.
Im „Handelsblatt“ wird Andreas Griebel, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Kanzlei Rödl & Partner, entsprechend zitiert. Griebel gegenüber der Wirtschaftszeitung (5):
„Mit dem Urteil ist diese Quotenregel nun gestorben. […] Auf die Vermieter werden nun höhere Kosten zukommen. […] „Um auf diesen Kosten nicht sitzen zu bleiben, werden die Vermieter wohl die Mieten erhöhen müssen.“
Ob es dazu kommen wird, bleibt nun abzuwarten. Die Mieten sind in Deutschland gerade in manchen Ballungsräumen bereits fast am Limit des Möglichen angekommen, so dass für viele Vermieter kaum mehr viel Luft nach oben sein wird.
Die relevanten Urteile zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen:
Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick über die Verfahrensverläufe, die schlussendlich zur neuen Rechtsprechung geführt haben:
Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsrenovierungen | Quotenabgeltungsklauseln gegenüber Mietern | Unwirksamkeit aller Klauseln zu Schönheitsreparaturen, wenn bereits eine unwirksam ist |
---|---|---|
BGH, Urteil vom 18. März 2015, Az. VIII ZR 185/13 (6) | BGH, Urteil vom 18. März 2015, Az. VIII ZR 242/13 (7) | BGH, Urteil vom 18. März 2015, Az. VIII ZR 21/13 (8) |
LG Berlin, Urteil vom 25. Juni 2014, Az. 65 S 388/13 | LG Hannover, Urteil vom 10. Juli 2013, Az. 12 S 9/13 | LG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2012 – 63 S 179/12 |
AG Tempelhof, Urteil vom 9. August 2013, Az. 22 C 57/12 | AG Hannover, Urteil vom 3. Januar 2013, Az. 510 C 12173/11 | AG Mitte, Urteil vom 10. Januar 2012 – 14 C 64/11 |
BGH, Urteil vom 22.08.2018, Az. VIII ZR 277/16 |
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Haufe.de – Beschlulss des Bundesgerichtshof zum Fristplan für Schönheitsreparaturen
(2) Bundesgerichtshof – Beschluss des Bundesgerichtshof zur Quotenabgeltungsklausel bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung
(3)(4) Bundesgerichtshof – Pressemitteilung des Bundesgerichtshof zur Änderung der Rechtsprechung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen
(5) Handelsblatt – BGH entlastet Mieter bei Schönheitsreparaturen
(6) Bundesgerichtshof – Urteil des Bundesgerichtshof zur Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsrenovierungen bei unrenoviert übergebenen Wohnungen
(7) Bundesgerichtshof –Urteil des Bundesgerichtshof zu Quotenabgeltungsklauseln gegenüber Mietern (PDF)
(8) Bundesgerichtshof – Urteil des Bundesgerichtshof zur Unwirksamkeit aller Klauseln zu Schönheitsreparaturen, wenn bereits eine unwirksam ist