EuGH-Urteil zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen
Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 09.09.2021, Rs. C-33/20, C-155/20 und C-187/20
Im September 2021 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Verbraucherkreditverträge einfacher widerrufen werden können. Es ist dennoch zunächst abzuwarten, wie deutsche Gerichte auf das Urteil reagieren werden. (1)
Hintergrund und Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Ausgangspunkt des Urteils des EuGHs sind derzeit anhängige Verfahren am Landgericht Ravensburg. Dabei geht es um Autokreditverträge, in denen laut der Verbraucherseite wichtige Angaben fehlen, die auch Jahre später noch zu Widerrufen berechtigen.
Nach Ansicht der EuGH-Richter seien tatsächlich viele Kreditverträge lückenhaft und für Laien nur schwer verständlich. So müssten z.B. die genauen Prozentsätze bei etwaigen Verzugszinsen in den Verträgen angegeben werden.
Auch die Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredites müsse für einen durchschnittlichen Verbraucher in einer „leicht nachvollziehbaren Weise“ dargelegt werden. Oftmals sei für Laien nicht zu erkennen, wie sich die Berechnung zusammensetzt.
Welche Auswirkungen hat das Urteil?
Das Urteil betrifft zunächst nur Verbraucherkreditverträge, die zur Finanzierung eines Kaufs direkt beim Händler abgeschlossen wurden, so wie beispielsweise einen Autokredit beim Autohändler. Ausgenommen sind Verbraucherkredite mit Grundpfandrecht, also vor allem Immobilienkredite.
Wird ein Kreditvertrag wirksam widerrufen, bekommen die Kreditnehmer bei der Rückabwicklung alle gezahlten Raten rückerstattet und müssen keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Auch Umsatzsteuer und Händlermarge werden vollständig zurückgezahlt.
Im Gegenzug müssen sie die finanzierte Ware zurückgeben. Da diese nicht mehr neuwertig ist, besteht ein Wertverlust. Wie damit umzugehen ist und wer diesen Verlust tragen muss, ist gerichtlich noch nicht abschließend geklärt. Unter Umständen muss der Verbraucher dafür aufkommen. In einigen Fällen kann das Begleichen des Wertverlusts trotzdem günstiger sein, als die Ware auf dem Gebrauchtmarkt zu verkaufen. In jedem Fall sollten sich Verbraucher vor einem Widerruf gründlich informieren und gegebenenfalls anwaltlich beraten lassen, ob sich ein Widerruf in ihrem Fall lohnt oder nur hohe Kosten verursacht.
Trotz diesem verbraucherfreundlichen Urteil auf Europarechtsebene muss zunächst abgewartet werden, wie die deutschen Gerichte mit dem Urteil umgehen, insbesondere wie die derzeitigen Verfahren am Landgericht Ravensburg ausgehen. In der Vergangenheit hatte der Bundesgerichtshof nämlich wiederholt geurteilt, dass bestimmte Autokredite der Banken nicht zu bemängeln seien.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) lto.de – EuGH zum Widerruf von Verbraucherkreditverträgen