Eine Bank darf im Darlehensvertrag das Wort „Frist“ anstatt „Widerrufsfrist“ verwenden
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt – Az. 23 U 172/13
Ein Kunde hatte 2008 bei einer Bank ein Darlehen abgeschlossen. In der dazugehörigen Widerrufsbelehrung benutzte die Bank das Muster nach der Informationsverordnung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Grunde unverändert. Jedoch ersetzte sie das Wort „Widerrufsfrist“ durch „Frist“.
2014 widerrief der Darlehensnehmer den geschlossenen Vertrag. Seiner Ansicht nach hatte die Widerrufsfrist nie begonnen, da die Widerrufsbelehrung nicht wortwörtlich dem Muster entsprach und das Wort „Widerrufsfrist“ durch „Frist“ ersetzt worden war.
Das mutmaßliche Motiv war die Ersetzung der teuren Baufinanzierung durch eine günstigere, da die Kreditzinsen drastisch gefallen waren. Ein Blick in unseren Vergleich zeigt das aktuelle Zinsniveau der Kreditgeber für Immobilienfinanzierungen:
Nutzung von „Frist“ anstatt „Widerrufsfrist“ in einer Widerrufserklärung ist eindeutig und zulässig
Das Landgericht Frankfurt hatte den Fall in erster Instanz abgewiesen. Beim Oberlandesgericht Frankfurt scheiterte die eingereichte Revision. In seinem am 7. Juli 2014 unter dem Aktenzeichen 23 U 172/13 ergangenen Urteil stellte das Gericht klar, dass derart geringe Abweichungen vom Mustertext unschädlich sind (1).
Dem Darlehensnehmer muss klar gewesen sein, dass mit dem Wort „Frist“ in der Widerrufserklärung nur die Widerrufsfrist gemeint sein kann. Weitere – auch inhaltliche Änderungen – am Mustertext wurden von der Bank nicht vorgenommen. Daher kann diese sich auf eine zutreffende und rechtsgültige Belehrung berufen.
Banken wehren sich
Die Intention hinter der Klage kann eindeutiger nicht sein. Der Kläger hatte den Kredit 2008 aufgenommen, also zu einer Zeit, in der die Kreditzinsen wesentlich höher waren als 2014.
Was liegt also näher als den sogenannten Widerrufsjoker zu ziehen und auf der Welle mitzuschwimmen, die Formulierungsfehler in der Widerrufsbelehrung ausnutzt, um geschlossene Kreditverträge anzugreifen?
Hätte der Kläger Erfolg gehabt, wäre das Ergebnis sehr lohnend gewesen. Der Kreditvertrag hätte rückabgewickelt werden müssen, was bedeutet, dass er der Bank erhaltene das Darlehen zurückbezahlt und im Gegenzug die von ihm geleisteten Tilgungszahlungen zurückerhält.
Auf den Punkt gebracht: Er hätte die alten und hochverzinsten Immobilienfinanzierung durch eine mit aktuellen und wesentlich günstigeren Konditionen ersetzen können. Wie hoch diese Unterschiede sind zeigt ein Blick in unsere Statistiken:
Bei ähnlichen Fällen, die für die Kläger erfolgreich verhandelt wurden, ging es häufig um Ersparnisse im fünfstelligen Bereich. Der Gang zum Anwalt konnte sich also durchaus lohnen.
Gleichzeitig muss erwähnt werden, dass der entsprechende Abschnitt im Vertrag teilweise von den Banken und Sparkassen so verklausuliert wurde, dass selbst Rechtsprofessoren die Achseln zuckten und den Text nicht zur Gänze durchdringen konnten.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) OLG Frankfurt am Main – Abweichung von Musterbelehrung § 14 I BGB-InfoV